Klinische Studien sind eine Voraussetzung für den medizinischen Fortschritt. Ärzte und Wissenschaftler führen jedes Jahr zahlreiche Studien durch. Im Bereich der hämatologischen Erkrankungen hat sich aufgrund von klinischen Studien in den letzten Jahren enorm viel bei den Therapiemöglichkeiten verändert. Somit stehen auch MDS-Patienten mittlerweile mehrere unterschiedliche Therapien zur Verfügung.
Aber beachten Sie bitte: Auch bei gleicher Erkrankung müssen bestimmte Voraussetzungen vorhanden sein um in eine Studie aufgenommen zu werden. Nicht jede Studie ist für jeden Patienten gleich geeignet!
Wenn Sie MDS-Patient sind und in einem der MDS-Zentren behandelt werden, kann es gut sein, dass Sie von Ihrem behandelten Arzt darauf angesprochen werden, ob Sie nicht an einer Klinischen (Medikamenten) Studie teilnehmen möchten.
Wenn Sie noch nicht darauf angesprochen wurden, fragen Sie ihren behandelnden Arzt nach geeigneten Studien.
Die meisten Kliniken haben so genannte Studienkoordinatoren, bei denen alle Fäden zusammenlaufen. Durch Ihren Arzt und den jeweiligen Studienkoordinator werden Sie über alle Zusammenhänge einer Studie, für die Sie vielleicht in Frage kommen, mündlich und schriftlich informiert. In der Regel nehmen sich die zuständigen Experten sehr viel Zeit bei der Beratung. Nichts geschieht ohne Ihre Einwilligung und ohne Ihre Unterschrift.
Ihre Entscheidung sollten Sie gemeinsam fällen.
Leider gibt es zur MDS-Erkrankung kein zentrales Register in Deutschland, über das Sie sich generell über das Studienangebot selbst informieren könnten, denn Studien sind meist an bestimmte Kliniken gebunden. Allerdings gibt es die amerikanische Website www.clinicaltrials.gov, die alle Studien weltweit listet. Dort finden Sie auch die aktuell laufenden Studien in Deutschland. Die deutsche Seite www.mds-register.de ist leider weder aktuell noch vollständig.
Die vier Phasen einer Studie
Klinische Studien erstrecken sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren und werden, nachdem entsprechende Ausgangsdaten vorliegen, in vier Phasen durchgeführt.
Phase I und II
In Phase I und II wird abgeschätzt, ob eine Intervention (Anwendung) am Menschen sicher ist, z.B. wird ein Arzneimittel zunächst in geringer Dosis verabreicht, dann gesteigert, bis ein Effekt ersichtlich ist. Bei Phase I (mind. 10 Probanden) steht die Sicherheit im Vordergrund, in Phase II (ca. 100 Probanden) die Wirksamkeit. Die Phasen I und I dauern meist nur einige Wochen bzw. drei Monate.
Phase III
Phase III ist die umfassendste Prüfung vor der Zulassung: Gute Studien sind kontrolliert, randomisiert und doppelt verblindet. Hier wird erforscht, ob ein Arzneimittel gleich gut, genauso gut oder besser ist als der Standard (ca. 1000 Probanden).
Die randomisierte kontrollierte Studie nennt sich „randomisiert“, weil die Zuordnung der Probanden zur Experimental- oder Kontrollgruppe zufällig erfolgt. Dadurch ist gewährleistet, dass beide Gruppen in ihrer Zusammensetzung zueinander weitgehend äquivalent sind.
Eine randomisierte kontrollierte Studie nennt sich „kontrolliert“, weil es sowohl eine Experimentalgruppe als auch eine Kontrollgruppe gibt. An den Probanden der Experimentalgruppe wird die Intervention durchgeführt, die Probanden der Kontrollgruppe (Placebogruppe) erhalten dagegen nur eine Schein-Intervention (Placebo). Somit lassen sich Unterschiede der beiden Gruppen hinsichtlich des eintretenden Effekts direkt auf die Intervention zurückführen.
Randomisierte kontrollierte Studien sind „doppelt verblindet“, d. h. sowohl der Proband selbst als auch die Versuchsleiter wissen nicht, ob der Proband zur Experimental- oder zur Kontrollgruppe gehört. Dies soll Verzerrungseffekten und subjektiven Interpretationen vorbeugen.
Phase IV
Phase IV: Studie nach Marktzulassung, auch „Langzeitstudie“. Hier werden u.U. über Jahre Nutzen, Sicherheit und Nebenwirkungen an einer großen Anzahl von Patienten getestet. Sehr oft zeigen sich erst hier die Schwächen eines Medikaments, z. B. das Auftreten bestimmter Nebenwirkungen, die sich in einer kleineren Fallzahl in einer der vorherigen Studienphasen noch nicht gezeigt haben. Andererseits zeigt sich in einer Langzeitstudie, ob und wie wirksam das Medikament längerfristig ist und ob es eine reelle Chance auf dem Arzneimittelmarkt hat.
Warum Sie in Erwägung ziehen sollten, an Studien teilzunehmen
- Medizinischer Fortschritt entwickelt sich über das Testen von neu erforschten Substanzen in Medikamenten-Studien. Alle erfolgreichen Medikamente auf dem Arzneimittelmarkt mussten diese Studienphasen I-IV durchlaufen, bevor sie nach einem komplizierten Verfahren von der europäischen Zulassungsbehörde in London (EMA) zugelassen wurden. Denken Sie an viele inzwischen erfolgreiche Medikamente gegen z.B. Brustkrebs oder auch Aids. Sie würden mit einer Studienteilnahme den medizinischen Fortschritt für sich und andere Patienten mitgestalten.
- Es ist möglich, dass genau dieses Studien-Medikament Ihnen hilft Ihr MDS zu verlangsamen oder – das ist leider noch Zukunftsmusik (!) – zu heilen.
- Sie bekommen das Medikament kostenlos. Auch wenn die Herstellungskosten sehr teuer wären, hätten Sie keinen Ärger mit Ihrer Krankenkasse, die eine Zahlung sonst vielleicht ablehnen würde.
- Wenn Sie auf das Medikament ansprechen (gilt v .a. für die Phasen III und IV), erhalten Sie in guten Studien das Medikament nach dem Ende der Studie weiter, solange es ihnen hilft.
- Sie werden während der Studiendauer engmaschig betreut und regelmäßig untersucht, all das wird für den Studienverlauf dokumentiert, aber Sie können dabei mit verfolgen, wie es Ihnen genau geht, heißt z.B. Ihren inneren Organen, natürlich Ihrem Blut und dem Knochenmark. Eine Verschlechterung Ihrer Erkrankung kann also eigentlich gar nicht übersehen werden, eine Verbesserung natürlich auch nicht, diese wird ja mit dem neuen Medikament angestrebt.
- Sie können jede Studie ohne Angaben von Gründen abbrechen.
An einer Studie teilzunehmen, ist eine wichtige persönliche und weit reichende Entscheidung. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt und mit Ihren Angehörigen darüber. Es ist gut, wenn man einer Studienteilnahme grundsätzlich offen und positiv gegenüber steht.
Die MDS-Patienten-IG kann Ihnen Kontakte zu anderen Patienten vermitteln, die bereits an Studien teilgenommen haben oder teilnehmen. Dadurch können sich vielleicht auch manche Fragen für Sie klären und sich Unsicherheiten auflösen lassen.
Aktuelle klinische Studien
Liste aller MDS-Studien
Liste der Studien in Deutschland
Liste der Studien in Österreich
Liste der Studien in der Schweiz